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Autoreise von Santiago de Chile nach Puerto Montt

Im Oktober, einige Tage vor unserem Abflug sind Proteste und Demonstrationen in Chile ausgebrochen. Ausgelöst durch die Erhöhung der U-Bahn-Preise protestieren plötzlich Tausende gegen höhere Strom- und Wasserkosten, tiefere Renten, marodes Gesundheitswesen und schlechte, oder teure Schulen.  Der Präsident Pinera wehrte sich mit Militärs und verhängte Ausganssperren.

Von Mario wurde uns abgeraten die Städte Santiago und Valparaiso zu besuchen, sondern uns gleich auf den Weg nach Süden zu begeben und grössere Städte überhaupt zu meiden. 

Mit dem schwarzen, neuen Peugeot 305 von Europcar sind wir nach dem Mittagessen vom Flughafen auf der Autobahn in Richtung Süden bis Talca gefahren und haben dort ein Zimmer in der Casa Chueca gemietet.

Mit Gewächshaus, Tiergehegen, einem Pool und dem Bach durch das weitläufige Gelände haben sich Franz und seine Frau ein kleines Paradies geschaffen. Es wird vegetarisch gekocht und wir lernen die andern Gäste aus den verschiedenen Häusern beim Nachtessen kennen.   

Auf Anraten von Franz besuchten wir anderntags den Nationalpark Lircay, fast zwei Autostunden -vorbei an Weingütern- in Richtung Westen zu den Wäldern der Zentralanden.

Piedras tacitas und die Südbuchen-Wälder

Nach der zweiten Übernachtung im Casa Chueca haben wir bei den Saltos de Laja einen Mittagsstopp gemacht. (leider sind die Fotos in der Cloud verschwunden)

….und sind dann weitergefahren, wir wollten zu Hans von der Andenrose in Curacautin. Unterwegs kamen wir an eine Strassensperre. Die Polizei erklärt, ein Lastwagen sei umgekippt und versperrt beide Fahrrichtungen, wir müssten zurück zur Panamerikana und von Südwesten her via Lautaro nach Curacautin  Ein Umweg von über 100 km !!! Das chilenische Ehepaar im Auto vor uns wusste eine Abkürzung, so fuhren wir auf Schotterstrassen in einem flotten Tempo ihm nach. Durch Wälder und über Holzbrücken führte uns die abenteuerliche Fahrt. Der zahlreiche Gegenverkehr erschwerte an manchen Stellen das Passieren, zeigte aber auch, dass wir nicht falsch fahren. 

Hans war leider nicht zu Hause und telefonisch nicht erreichbar, sodass wir in ein Hostel ausweichen mussten, immerhin ein geheiztes Zimmer und WiFi, was uns das Hotel am Hauptplatz nicht anbieten konnte.

Der nächste Tag begann sehr unfreundlich, es war windig, wolkenverhangen und regnete zeitweise Sturzbäche. Michèle zeigte uns auf einer Papierset-Karte die umliegenden Sehenswürdigkeiten. Wir entschieden uns für die Termas Malacahuello und genossen das heisse Bad, obwohl Regenwasser von der Decke tropfte….


Da auch nach dem Mittagessen sich kein Sonnenstrahl zeigte und die Berge sich hinter den Wolken versteckten, versuchten wir das Glück auf der anderen Seite des (unterdessen nicht mehr) längsten Tunnels "Las Raices" von Südamerika- 4.5 km. Wie wir später erfahren konnten, wollten die Chilenen dort eine Eisenbahnverbindung zum Atlantik (Bahia Blanca) erschaffen, nur die Argentinier machten nicht recht mit, sie bauten eine Bahnlinie mit einer anderen Spurbreite !

Jetzt wird der Tunnel im Wechsel einspurig für den Strassenverkehr benutzt, vor allem von riesigen Lastwagen gut erreichbar, da er nur auf 1000m Höhe ü M liegt.  Eine kleine Maut muss auf der Westseite entrichtet werden.

 

Die Geschichte mit stundenlanger Strassenvollsperrung wegen umgekipptem Lastwagen käme relativ häufig vor, erzählte uns Hans später. Die argentinischen Fernfahrer (natürlich nur diese ;) blochen wie die Wilden die kurvenreiche Strasse zur Panamerikana runter.

Hochebene "Sierra Nevada" hinter dem Tunnel im Sonnenschein.

Wir suchten noch eine gute Passtrasse in östlicher Richtung um den langen, unbeleuchteten Tunnel "Las Raices" zu umfahren, fanden aber nur Schotterpisten vor (und dicke Wolken vor den Berghängen).

So kehrten wir in den Araukarienwäldern vor dem Vulkan Lonquimay um, durchquerten ein zweites Mal das Dorf Lonquimay, die Hochebene Sierra Nevada und "Las Raices"

Links der Wasserfall "los Indios" in der Nähe von Curacautin

In der "Andenrose" erwartete uns Hans, der unsere Anmeldung doch noch erhielt, uns als einzige Gäste ein superfeines Nachtessen kochte und von seinem Leben als "Hotelier" erzählte.


Anderntags, zurück auf der Panamericana, verliessen wir die "Region Araukanien" und kamen ins "Seengebiet", die Schweiz von Südamerika. Beim ersten grossen See steht der weitherum sichtbare, gleichnamige Vulkan mit seinem weiss- glänzenden vergletscherten Kegel und stolzen 2847m Höhe. Dem "Volcàn Villarica" näherten wir uns an seiner nordwest-Flanke mit dem Auto. Im Reiseführer las ich, dass er mit Steigeisen, Pickel, Helm und Bergerfahrung (zB ACS) auch auf eigene Faust/ ohne Bergführer bestiegen werden darf. Der Anblick des rauchenden Lavafeldes im Innern des Kraters muss unvergesslich sein….

Da wir weder Ausrüstung, Kenntnisse noch Zeit hatten, wandten wir uns Richtung Südosten um in Valdivia Helen und Hansueli zu treffen. Sie haben uns auf ihre "DADA TUX" eingeladen, wo sie die letzten Vorbereitungen für die Weiterreise nach Ecuador, Hawaii und ev. Alaska trafen. Schade, dass sich unsere Wege trennen, aber vielleicht treffen wir uns ja wiedereinmal in der Schweiz auf Heimaturlaub.

Nach der Übernachtung in der leicht schaukelnden Garcia am Steg des Yachtclubs Estancilla sehnten wir uns noch mehr nach unserer MARAMALDA, die nur noch drei Autostunden entfernt war.

 

Wir waren aber erst bei Tag 5 unseres Roadtrips, also los zum nächsten Highlight, dem Llanquihue-See und Frutillar. Dani hat im Internet ein sanft renoviertes Kolonialhaus gefunden, das ein Nachkomme der Einwanderer-Familie Schmid heute als Hotel führt. 

Mein erster Eindruck war: Mist, da wohnt doch niemand! Ein simpler Hauseingang ohne Klingel, die Tür liess sich aber öffnen und verwundert standen wir im Flur mit alten Möbeln und Gerätschaften aus vergangener Zeit.

Daniel, der das Haus seiner Grossmutter vor dem Verfall rettete, erzählte seine bewegte Geschichte, vom Renovieren, der Suche nach Handwerkern, welche die alte Kunst beherrschten und wie er nach und nach die Schmiede und die Butterfabrik räumte um weitere Hotelzimmer zu bauen.

 

 

 

 

Nach der Übernachtung in der Suite mit der Lukarne und dem Balkon über dem Eingang, mit dem zauberhaften Ausblick zum Llanquihue-See und dem Vulkan Osorno (2652 m), frühstückten wir und gingen auf Erkundungstour in Richtung See. Der schmale Streifen Land, den die Einwanderer zugewiesen erhielten und von ihnen gerodet wurde, wächst anscheinend wieder zu. Wir fanden noch einen Pfad hinunter, konnten aber das Seeufer nicht erreichen, da das Gelände sumpfig wurde und alles zugewachsen war. Wir überlegten uns, wie da die Siedler vom Wasser her sich einen Zugang bauen mussten, Werkzeug herschaffen…. hielten sie Sklaven? Wie war das Verhältnis zu den Mapuche- Indianern? Mario hat uns erzählt, dass er und sein Bruder sehr oft bei den indigenen Hausangestellten waren und von ihnen die Flora, Fauna und Heilkräuter kennenlernten.

Nachher machten wir uns wieder "Auf die Räder" und zwar im Uhrzeigersinn um den Llanquihue- See, der mit 860 km2 wenig grösser als der Bodensee ist. Vorbei an Puerto Octay am Nordwestzipfel des Sees hielten wir dann auf den weissen Gipfel des Osorno zu, der nur 10 km vom östlichen Seeufer liegt. Er sei seit über 150 Jahren nicht mehr ausgebrochen, im Gegensatz zum nächsten Vulkan an der Strasse nach  Puerto Varas, dem Calbuco, der im April 2015 eine Reihe von drei Ausbrüchen verzeichnete und die Region Los Lagos mit Aschestaub bedeckte.

 

 

Von Puerto Varas am Südzipfel des Llanquihue- Sees, nach Puerto Montt war es nur noch ein Katzensprung von guten 10 km. Wir fanden MARAMALDA unversehrt vor, allerdings mit leeren Batterieen …. doch das ist eine andere Geschichte. 

Was wir auf der Autobahn/ Panamericana begegnet sind: Bushaltestellen, Erdbeerverkaufs -Ständli, Frau mit Kinderwagen, Velofahrer, Mopeds, Mann mit Schubkarre, Traktor mit Anhänger,  Mann mit Kuh,  Pferdegespann, Mann an einem Gehstock, der Strassenseite wechselte/ über die Mittelleitplanke geklettert war. 

Von den Unruhen und Demonstrationen haben wir unterwegs nie etwas mitbekommen, erst als wir mit dem Bus in die Stadt gefahren sind, entdeckten wir ein kleines Feuer vor dem Fährhafen von Puerto Montt, oder begegneten Gruppen junger Leute, die skandierend durch die Strasse zogen und den Verkehr blockierten. Die Schaufenster von Geschäften und Banken waren zugenagelt, was das Strassenbild schon sehr veränderte.